Chemiestandort in der Krise: Ursache ist ein „perfekter Sturm“
„Neue Normalität“ nennt es Industrieexperte Eric Heymann von der Denkfabrik Deutsche Bank Research. „Produktionsstätten, die jüngst weggefallen sind, werden voraussichtlich nicht oder nicht mehr im bisherigen Umfang an den Markt zurückkehren.“ Eher noch sei mit weiteren Shutdowns zu rechnen.
Ursache ist ein „perfekter Sturm“, analysiert Martin Bastian, Geschäftsführer und Chemieexperte bei der Investmentbank Houlihan Lokey in Frankfurt. „Wir haben eine Konjunktur- und Nachfrageschwäche, die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, die Inflation und eine schwächelnde chinesische Wirtschaft. Das war so in der Form mit so vielen negativen Einflüssen noch nicht da.“
Dann ist da der Umbruch in der Gasversorgung. „Vor der Krise verbrauchte die Branche fünfmal so viel Gas wie ganz Dänemark“, berichtet Deutsche-Bank-Experte Heymann. Billiges russisches Pipeline-Erdgas, jahrelang der Garant für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Chemie-Industrie, fiel plötzlich durch den Lieferstopp und die Sprengung der Ostsee-Pipelines aus. Nun kommt der Energieträger und Rohstoff aus Norwegen, den Niederlanden, Belgien sowie per Tanker aus Übersee, ist knapper und teurer.
Die Preisnachteile beim Gas stecken die Chemiefirmen nicht so einfach weg
„Der Preisunterschied zwischen Europa beziehungsweise Deutschland und den USA bei Gas ist riesig“, erklärt Heymann. Heute liegen die Großhandelspreise in den USA bei nur 6 Dollar je Megawattstunde und in Europa bei 27 Euro. Kurz: „Gas ist hier vier- bis fünfmal so teuer wie in Amerika.“ Auch Strom wurde dadurch teurer.