94 des Erdgases in Deutschland werden importiert. Aus Russland kamen zuletzt 35 Prozent.
Unterm Strich stellen die Mannheimer Experten Deutschland ein wenig schmeichelhaftes Zeugnis in Sachen Energieversorgung aus: Verglichen mit anderen Ländern seien wir auf einen Gaslieferstopp schlechter vorbereitet. „Die Bundesrepublik weist eine besondere Verwundbarkeit für eine weitere Eskalation der Energiekrise auf – und sie war beim Energiebezug auch schon vor Beginn des Krieges besonders verletzlich“, so Friedrich Heinemann.
Engpässe könnten Süden und Osten besonders treffen
Klar ist inzwischen außerdem: Mögliche Gas-Engpässe im Winter könnten sich im Bundesgebiet ganz unterschiedlich bemerkbar machen. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, unterstreicht: „Ein akuter Gasmangel kann auch regional begrenzt auftreten, und Lieferungen aus anderen Teilen Deutschlands werden aufgrund des Leitungsnetzes nicht immer möglich sein.“ Insbesondere der Osten und der Süden Deutschlands könnten von einem zu geringem Gas-Nachschub aus Russland zuerst betroffen sein.
Hintergrund: Das bundesweite Netz von Gas-Fernpipelines ist rund 40.000 Kilometer lang. Doch es kann Gas nicht von überallher gleich schnell und in denselben Mengen fließen lassen: Es ist nämlich vor allem auf eine Verbreitung von Osten nach Westen ausgelegt. Umgekehrt bestand lange keine Notwendigkeit.
2 bis 3 Monate beträgt die Winter-Reichweite der deutschen Gasspeicher nach Vollbefüllung.
Selbst wenn also etwa in Niedersachsen Überschüsse vorhanden wären – schon technisch sind die Möglichkeiten einer Umleitung nach Baden-Württemberg oder Bayern bislang begrenzt. Der Süden hat zudem nicht genug eigene Gasspeicher, um dieses Manko auszugleichen. Das gilt gerade auch für Bayern. Darauf wies zuletzt unter anderem der Chemieverband VCI hin.
Fest steht: Es muss etwas geschehen, damit Deutschland seine Versorgungs- und Preisprobleme bei der Energie in den Griff bekommt. Die Unternehmen tun allerdings schon viel, um Energie zu sparen und um von fossilen Brennstoffen loszukommen, räumt das Mannheimer ZEW ein. In der Pflicht sei jetzt vor allem die Wirtschafts- und Energiepolitik, betont Studienautor Heinemann: „Sie muss Antworten auf die Frage finden, wie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands insbesondere für energieintensive Unternehmen erhalten werden kann.“