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IW-Energieexperte: „Wir müssen die Energiewende forcieren“

Köln. Die deutsche Industrie ist stark von Gasimporten abhängig. 2021 stammten 55 Prozent aus Russland. Wie kommen wir aus der Klemme? aktiv fragte Andreas Fischer, Energie- und Klimapolitik-Experte am Institut der deutschen Wirtschaft.

Kann die Industrie kurzfristig auf Gas verzichten?

Das ist schwer, vor allem für energieintensive Branchen wie die Chemie, die Gas sowohl zur Wärmeerzeugung als auch als Grundstoff nutzt, etwa bei der Herstellung von Ammoniak. Kurzfristig gibt es nur geringe Einsparpotenziale.

Wie groß sind diese?

Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft lassen sich, über alle Branchen hinweg, kurz- bis mittelfristig 8 Prozent des Erdgasverbrauchs ersetzen – etwa durch Strom oder Öl. Übrigens hat Russland in den letzten Monaten weniger Gas geliefert. Inzwischen beträgt der Anteil 40 statt 55 Prozent. Zum Glück ist es jetzt wärmer, was den Gasverbrauch vor allem in den Privathaushalten sinken lässt.

Wie viel vom Gasverbrauch entfällt auf die Industrie?

2021 waren das 36 Prozent. 31 Prozent benötigten die Privathaushalte, 13 Prozent Gewerbetreibende, Händler und Dienstleister, 12 Prozent die Stromerzeuger.

 

Wie reagieren Unternehmen auf die schwierige Lage?

Einige verschieben bei ihren Kraftwerken die Umstellung von Kohle auf Gas. Zudem gilt es, möglichst bald eine Vielzahl der Prozesse zu elektrifizieren, auch für die Energiewende. Vor allem sehen wir aber bei vielen Betrieben schon Rückgänge in der Produktion aufgrund der starken Preisanstiege.

Kohle statt Gas – ist das eine Alternative?

Zwar kam Kohle zuletzt zu 45 Prozent aus Russland. Aber es gibt genug andere Lieferländer wie Australien, Kolumbien, die USA und Südafrika. Durch den Wegfall eines großen Anbieters sind aber auch hier Preiseffekte zu erwarten.

Was bringt der Import von verflüssigtem Erdgas (LNG)?

LNG-Gas ist die zentrale Alternative. Allerdings ist der Mehrimport aufgrund begrenzter und langfristig gebundener Mengen kurzfristig schwierig. Das Hauptproblem aber liegt in der europäischen Verteilinfrastruktur ausgehend von den bestehenden Terminals, vor allem in Westeuropa. Die fehlt bisher.

Zur Energiewende: Sollten wir da noch mehr Tempo machen?

Wir müssen sie forcieren. Mehr in Windkraft und Photovoltaik investieren. Den Ausbau der Stromtrassen von Nord nach Süd – und die Genehmigungsverfahren dafür – beschleunigen. Gut, dass die Regierung da ambitionierte Pläne hat.